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Artikelserie des BFV Unterfranken e.V. zur Feuerwehr-Aktionswoche 2005

Fragen an Staatsminister des Innern Dr. Günther Beckstein

Zum Motto der Feuerwehr-Aktionswoche „Doppel im Einsatz – beim Arbeitgeber und bei der Feuerwehr“ hat der BFV Unterfranken dem Staatsminister des Innern, Dr. Günther Beckstein einige Fragen gestellt. Im Nachgang zu unserer Artikelserie geben wir Ihnen die Antworten des Ministers weiter.

Frage:  Wie sieht der Bayerische Innenminister derzeit die Gesamtsituation der Feuerwehren bei der Freistellung vom Arbeitsplatz in Bayern?

Antwort: Insgesamt beurteile ich die Situation in Bayern durchaus positiv. Gerade angesichts der gegenwärtig angespannten wirtschaftlichen Lage kann es zwar in Einzelfällen durchaus zu Schwierigkeiten kommen. Die große Mehrheit der Arbeitgeber in Bayern ist sich aber ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in Sachen Brand- und Katastrophenschutz sehr wohl bewusst und stellt ihre Mitarbeiter ohne persönliche Nachteile für den Feuerwehrdienst frei. Den vielen engagierten Arbeitgebern im Lande gilt daher mein herzlicher Dank; ich weiß natürlich, welch großes Opfer ihnen angesichts der freistellungsbedingten Störungen im Betriebsablauf teilweise abverlangt wird.


Frage: Gibt es Erhebungen, wie die Personalverfügbarkeit bei den Feuerwehren während der üblichen Arbeitszeit, sog. Tagesalarmierbarkeit - in Bayern ist?

Antwort: Landesweite Erhebungen zur Gewährleistung der Tagesalarmierbarkeit existieren nicht. Die Sicherstellung des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes ist Aufgabe der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis. Jede Gemeinde ist deshalb dafür verantwortlich, dass genügend Feuerwehrdienstleistende einsatzbereit sind, und muss in eigener Regie prüfen, ob die Tagesalarmierbarkeit noch sichergestellt ist.

 
Fragen: Welche Möglichkeiten sieht die Politik, um in der Praxis Verbesserungen bei der Freistellung vom Arbeitsplatz zu erreichen oder die öffentlichen Arbeitgeber stärker dafür zu gewinnen, dass sie die Feuerwehrangehörigen freistellen? Welche Möglichkeiten hat die Politik, die ehrenamtliche Tätigkeit im Feuerwehrdienst als positives Element auf dem Arbeitsmarkt darzustellen, damit Firmen Feuerwehrleute gerne einstellen?

Antwort: Von politischer Seite ist es wichtig, der Öffentlichkeit die hervorragende Arbeit und den großartigen Einsatz der Feuerwehrangehörigen stets bewusst zu machen und an das Verständnis der Arbeitgeber für den Dienst in unseren Freiwilligen Feuerwehren zu appellieren. Wer mich kennt, weiß, dass ich hierzu jede Gelegenheit nutze, ob in Reden oder im persönlichen Gespräch mit Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden.

Insbesondere die öffentlichen Arbeitgeber müssen hier selbstverständlich mit gutem Beispiel vorangehen; denn wie sollen wir einem privaten Arbeitgeber, der im globalen Wettbewerb steht, erklären, dass er seine Mitarbeiter für den Feuerwehrdienst jederzeit freizustellen hat, wenn auf der anderen Seite öffentlich Bediensteten der Freistellungsanspruch nicht oder nur eingeschränkt gewährt wird. Für den staatlichen Bereich habe ich daher bereits im Jahr 2003 meine Kabinettskollegen gebeten, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dafür Sorge zu tragen, dass staatliche Behörden ihrer Vorbildfunktion insoweit auch nachkommen.

Der Sensibilisierung der Öffentlichkeit dient im Übrigen auch die jährlich vom Landesfeuerwehrverband durchgeführte Feuerwehr-Aktionswoche, die sich heuer speziell mit dem Thema „Arbeitgeber” befasst. Derartige Aktionen können auch dazu beitragen, die Feuerwehrdienstleistenden so darzustellen, wie sie sind: Engagiert, verantwortungsbewusst und mit kühlem Kopf auch in extremen Lagen. Das sind Eigenschaften, wie sie sich Arbeitgeber mit Sicherheit auch bei ihren Mitarbeitern wünschen. Wenn es uns gelingt, der Öffentlichkeit durch derartige Aktionen zu vermitteln, dass Feuerwehrdienstleistende aufgrund ihres Engagements, ihres Könnens und ihrer Erfahrung eine Bereicherung für jeden Betrieb darstellen, wird es etwaige Bedenken bei der Einstellung nicht gehen. Der Landesfeuerwehrverband kann sich hierbei jedenfalls meiner vollen Unterstützung sicher sein. Denn wie unverzichtbar unser auf Freiwilligkeit beruhendes Hilfeleistungssystem für den Schutz der Bevölkerung ist, hat sich gerade in den letzten Tagen bei der neuerlichen Hochwasserkatastrophe wieder eindrucksvoll gezeigt. Den wirtschaftlichen Schaden, den die bayerischen Feuerwehren durch ihre hervorragende Arbeit hierbei verhindert haben, sollte jeder Arbeitgeber in seine Überlegungen einbeziehen.


Frage: Hat eine Kommune die Möglichkeit, bei der Einstellung von Personal, z.B. für den Bauhof, den Dienst in der Feuerwehr vorzugeben oder zumindest bei gleicher Qualifikation einen Aktiven in der Freiwilligen Feuerwehr vorzuziehen?

Antwort: Dass die Kommunen bei Neueinstellungen den Dienst in der Feuerwehr verbindlich vorschreiben, halte ich nicht für zulässig. Gemäß Art. 33 des Grundgesetzes entscheidet über den Zugang zu einem öffentlichen Amt allein die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Bewerbers. Ich hielte dies aber auch nicht für zielführend. Der ehrenamtliche Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr muss auch in Zukunft freiwillig bleiben. Etwaige Personalprobleme lassen sich nicht durch Menschen lösen, die aus rein beruflichen Gründen und ohne die erforderliche innere Überzeugung der Feuerwehr beitreten.

Die Bereitschaft, ehrenamtlichen Feuerwehrdienst zu leisten, sollte aus meiner Sicht aber bei im Übrigen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besonders gewürdigt werden. Das gilt selbstverständlich auch für Bewerberinnen und Bewerber, die sich ehrenamtlich in anderen Hilfsorganisationen oder sonstigen besonders sozialen Einrichtungen engagieren. Staatssekretär a. D. Regensburger hat bereits im. Jahr 2002 bei den Kommunalen Spitzenverbänden ein derartiges Vorgehen angeregt.

Frage: Sieht die Politik Möglichkeiten für Anreize wie Steuervergünstigungen oder Verbesserungen in der Altersversorgung für ehrenamtliches Engagement bei den Feuerwehren?

Antwort: Dies ist ein schwieriges Thema. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass derartige Regelungen für Feuerwehrleute im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz auch berechtigte Forderungen einer Vielzahl weiterer Personengruppen nach sich ziehen würde, die ebenfalls ehrenamtlich tätig sind und unentgeltlich wichtige Dienste für die Allgemeinheit leisten. Die finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte wären insoweit kaum abschätzbar.

Es ist mir jedoch wichtig festzuhalten, dass die Feuerwehrangehörigen aus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit auch keinen Nachteil in der Altersversorgung erleiden, da ein gesetzlicher Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts einschließlich aller Nebenleistungen besteht. Für die besonderen Führungsdienstgrade der Feuerwehren hat der Freistaat schon vor Jahren den damals bereits bundesweit höchsten Entschädigungsrahmen nochmals erheblich angehoben, um. auch den Selbstständigen unter ihnen eine angemessene private Altersvorsorge zu ermöglichen.

Lassen Sie mich aber auch Eines betonen: Ich glaube nicht, dass finanzielle Anreize letztlich Beweggründe für die Übernahme einer zeitintensiven und gefahrvollen ehrenamtlichen Tätigkeit sind. Ich bin vielmehr der Auffassung, dass freiwilliger und damit unentgeltlicher Feuerwehrdienst aus innerer Überzeugung geleistet wird. Umso höher ist dieses ehrenamtliche Engagement zu bewerten und zu würdigen.


Frage: Wie steht das Bayerische Staatsministerium des Innern zur Mitgliedschaft in mehreren Feuerwehren?

Antwort: Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hin zu einer immer mobileren Gesellschaft hat dazu geführt, dass für immer mehr Menschen Wohnung und Arbeitsstätte nicht mehr in derselben Gemeinde liegen. Auf diese Entwicklung müssen wir reagieren. Ich bin daher der Auffassung, dass die Möglichkeit geschaffen werden muss, auch in einer Gemeinde Feuerwehrdienst zu leisten, in der einer regelmäßigen Beschäftigung oder Ausbildung nachgegangen wird. Das umfasst auch die Möglichkeit von Doppelmitgliedschaften. Gerade tagsüber sind wir auf jeden Feuerwehrmann und jede Feuerwehrfrau dringend angewiesen.


Frage: Welche Folgen hat die Doppelmitgliedschaft für die Personalstärken. und wie können die interkommunalen Probleme gelöst werden?

Antwort: Wie viele Feuerwehrangehörige künftig bereit sein werden, nicht nur in der Heimatgemeinde Feuerwehrdienst zu leisten, muss die Praxis zeigen. Interkommunale Probleme, die nicht unbürokratisch zwischen den jeweiligen Gemeinden geklärt werden könnten, sehe ich derzeit nicht. Klar ist, dass bei Doppelmitgliedschaften Ausbildungsveranstaltungen in jeder Feuerwehr wahrzunehmen sind, um das praktische Zusammenspiel der Einsatzkräfte im Ernstfall sicherzustellen.